Ich verstehe Sie

Liebe M.

F. war erstaunt, als ich ihr am Samstag vergangener Woche dort im Garten auf dem iPhone die zweite Muse zeigte, jung und in sommerlich leichten Shorts. Woher ich dieses denn Bild hätte, wollte sie wissen. Auf Facebook geklaut, war mein spontanes Bekenntnis. Kennengelernt hatte ich sie mit den 22 Büchern von M. – ja, stimmt, Du kennst sie nicht, jene Geschichte. Sie spielte im Theater in Luzern, nicht im Äther. Nun – seit L. während seiner Roman-Taufe im Kaufleuten erwähnte, das Schreiben habe etwas mit Erotik zu tun, ist es für mich eh einerlei. Verstehst Du das?

«Ich verstehe Sie», war der eine Satz von ihr, der die Tränen zum Fliessen brachte. Nur drei Worte, ein Satz. Schlüsselreiz, Trigger, wie es Fachleute nennen.

Ich fand diesen Satz: «Kaum ein Begriff in der Psychologie wird so sehr zu einem Geheimnis degradiert wie der Trigger. Es finden sich kaum Erklärungsversuche, obwohl Menschen mit post­traumatischen Belastungsstörungen damit alltäglich zu kämpfen haben.»

Was denn passiere, ob ich traurig sei, fragte E. – und insistierte, als ich erwähnte, es sei alles ok. Ja, es war ok. Es waren Tränen der Erleichterung, der Freude!

Ist da jemand, der mein Herz versteht, der mit mir bis ans Ende geht?

Der Chefredakteur sagt im Interview: «Schreiben verändert die Welt mehr als alles andere…», was für eine Überhöhung der eigenen Zunft. Und doch, ein Wort kann die Welt verändern, meine Welt auf jeden Fall.

«Umarmung», jenes Wort am Ende der kurzen Antwort, jenem Mail von F. noch vor dem Geburtstag. Ich sass im Speisewagen, sah dieses eine Wort und fühlte mich umarmt. – Dann, kaum eine Stunde später, war die Rede vom Tag des Zuhörens, vom 14. März. Welchen Tag könnte ich zum Tag meines Wortes proklamieren? Es gibt die Literaturtage, das Wort zum Sonntag. – Ich möchte einen Tag zu meinem Wort, oder dieses Wort gleich jeden Tag.

Stimmt, ich habe ihn bereits, den eigenen Tag, der 17. März ist ja an vielen Orten dieser Welt ein richtiger Feiertag. Und mit Worten wurde ich an jenem Feiertag reichlich beschenkt. L. sagte: «Schwäche macht Begegnung möglich.» Dann noch: «Bei der Kreativiät, da kann man nicht ein- oder aussteigen.» – Ich fasse Mut, bin dem Leben auf der Spur!

Es gibt Bonuspunkte auf die Karmakumuluskarte, sagst Du. – Schön, denn Frau Doktor hatte die Dosis verdoppelt. Und ich hatte befürchtet, die Gedanken und Worte könnten nun ausbleiben. – «Er glaube nicht, dass er gut formulieren und gut schreiben könne, aber er probiere es», sagte er noch, und: «Man müsse sich den eigenen Ängsten, Nöten und Fragen aussetzen, abstrahieren, und in den Augenblick fallen…»

Irgendwann irgendwer dabei ist, der mit dir spricht und keine Worte braucht

«Wir leben in Beziehungen und Abhängigkeiten.» Ich sehne mich nach Beziehung und fühle mich auch immer wieder abhängig. Denn «man muss kooperieren, wenn man etwas erreichen will», sagte er noch. Also: Die Inspiration braucht die Muse, das Glück, und Augenblicke sowieso!

«Wieso du immer alles so persönlich nimmst?», hatte F. noch gefragt. Ich hatte ihr gleich 22 Gründe geliefert. Was folgt ist: «Okaaayyyyyy! Antwort morgen. Die Gäste sind da!» Und «Umarmung». Das Wort, das meine Welt verändern kann!

Mit lieben Grüssen an Dich und Deine ZuhörerInnen!  ▬

 
PS:

Ja, auf der CD ‘LOVE’ ¹ von ZÜRIWEST hören wir Kuno Lauener in alter Frische. Auch er hat am 17. März Geburtstag. Geile Siech!

Übrigens: Es ist ein Artikel im ‘Beobachter’ zum Thema “Wiedereingliederung” erschienen – wen wunderts, auch der am 17. März.

 


Was mir noch begegnet ist …

«Bin drum nicht so der Nachtmensch …» – und heute Nacht: «… hab ich schon mal erwähnt, dass ich kein Morgenmensch bin.» Welcher Mensch ist sie? Wohl etwas selbstherrlich hatte ich grad noch gedacht, ich würde sie nun ein wenig kennen.

Am nächsten Morgen fällt mein Blick auf eine Karte, K. hatte sie mir zugesandt …

Vielleicht sucht man
nicht einander
sondern den Moment
in dem man sich findet

…und E. sagte noch, kurz vor dem Lieblingsmittagessen mit Blick über den See: «Man muss sich von sich selbst nicht alles gefallen lassen.» – Ja, diesen Satz nehme ich mit in den Tag !