Schmetterlingstraum

Guten Tag F.

Sha’s Feckel am Sax. Feckel for Lovers. Crush and more to muse on. Wunderbare Soundwellen. Spannungsbogen für nächtliche Schreibstunde mit Emotion. Sachliches ist per Post unterwegs. Wird am Dienstag zugestellt. Dir zugewandt!

Schläfst Du? Du bist auch ein Schmetterling! Muse sowieso. Und nicht so, wie Du schreibst: Wenigkeit. Bahhh! Wo denkst Du hin? Es braucht Dich. L. braucht Dich im besten Sinne. Nicht abhängig. Zugewandt. Bezug – und damit eben Beziehung im eigentlichen Sinn. Einverstanden? Stille. Du schläfst.

Ich bin fern und in Gedanken nah. Du hast keine Erwartung. Gut so. Ich bin frei. Ich bin auch ein Schmetterling. Ich finde dich sehr interessant, hattest Du geschrieben. Ein Kompliment mitten aufs Gesicht.

…ohne dass ich eine romantische Beziehung ins Auge fasse.

Einverstanden. Gut so! Ich bin frei. Nicht fassen. Wenn, dann berühren. Das innere Auge denkt mit. – Echte Beziehung ist nicht romantisch. Momente sind romantisch. Das Stück heisst “Ven”. Schau Dir die Website an: http://sha-music.ch/

Ich frage nicht. Es wird Dir gefallen, schwarzweiss. Wie Deine Bilder auf Instagram, die so direkt Deine Emotionen zeigen. Ich schreibe sie hier aus dem Kopf, aus dem Herz, aus der Seele. Du zeigst Bilder wie “Grave with a View”. Es ist verschwunden. «Ich war mehr als enttäuscht, war wie in einem Schockzustand», schreibst Du. Emotion, denke ich. Gar nicht so autistisch. Du bist vielleicht doch ein Beziehungsmensch. «Kommt drauf an, mit wem», hatte ich einmal geschrieben!

Ich war im EXIL. Das Stück heisst “Du bist auch ein Schmetterling”. Erinnerst Du Dich an jenes Gleichnis, den Schmetterlingstraum? «Zhuāng Zhōu träumte, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wusste von Zhuāng Zhōu. Plötzlich wachte er auf: da war er wieder wirklich und wahrhaftig Zhuāng Zhōu. Nun weiss ich nicht, ob Zhuāng Zhōu geträumt hat, dass er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Zhuāng Zhōu sei.»

Wie lässt es sich mit dem ewigen Wandel der «Dinge» umgehen?

L. ist nicht getrieben. Sie ist nicht im Rausch. Stille. Gut so! Denn: L. braucht Dich, wenn Du schläfst. Sie wird Dir erzählen, sie wird sich austauschen. «Das fände ich auch schön. Ich wünsche Dir eine gute Nacht.» Einen Traum wünsche ich Dir.

Herzlich!  ▬

 

Blumen sind wie Sex

Guten Tag L.

Heute habe ich Dich das erste Mal in diesen Mantel gehüllt, morgens um fünf Uhr. K. hatte ihn ganz überraschend mitgebracht. Ein Beben in der Seele, durch die Seele. Migräne nach der Nachricht von F., sie würde dieses Wochenende mit S. verbringen. Namen. Stellvertreter, wie K. noch erwähnte – oder die richtigen, ehrlichen Freundinnen, die es erst möglich machen? Vor einem Jahr habe ich Dich kennengelernt. Ebenso überraschend, obwohl – gesehen hatte ich Dein Abbild im Les Halles, irgendwann vor Jahren. Dann warst Du verhüllt, dann unbewusst nah – und irgendwann, wenn auch nur für kurze Zeit, wieder in der Stadt. Jetzt bist Du hier und sehr präsent. Endlich.

Gestern hatte ich Dein Abbild gepflegt und trotzdem daran gedacht, Dich meiner zu entledigen. Jetzt bist Du hier. Ja, ich werde Dich bewahren. L. is for Lover. L. is Love. Fraglos. Innig. Umarmt und eingehüllt.

Ist F. eine Freundin von Dir? Seid Ihr auch Schwestern, wie Y. am Dienstag kurz vor dem Abschied erwähnte? Ich werde Dich F. vorstellen. Es wird einiges erklären, denke ich – obwohl ich ihr keine Erklärung schuldig bin; auch nicht nach all der bedingungslosen Zuwendung. Blumen sind wie Sex, nur bunter, stand auf der Karte. So hätte sie dies noch nie gesehen… Auf der Skala von eins bis zehn war mein Satz doch ordentlich mutig, denke ich. Und vielleicht zeigt Shortbus, der Film, nicht Sex, sondern diese Liebe, die es immer wieder zu hegen und zu pflegen gilt!  ▬

 

Die Ausstellung

«Muss ich mich entschuldigen für den «Rausch»? Andere saufen sich dumm und dämlich «ins Hoch» oder helfen nach mit was weiss ich für Substanzen – bei mir reichen offensichtlich die eigenen Hormone, um mich in Euphorie zu versetzen.»

In der Einleitung zur aktuellen Ausstellung «Schreibrausch» im Museum Strauhof in Zürich ist keine Rede von diesen Hormonen. Sie thematisiert vom 10. Februar bis 7. Mai 2017 eindrücklich die Verbindung ekstatischer Momente und literarischer Inspiration. Als «furor poeticus» existiert seit der Antike die Vorstellung, dass wahre Literatur nur im Zustand rauschhafter Entrückung geschrieben werde. Die Kuratoren Andreas Schwab und Magnus Wieland wollten dieses Phänomen in all seinen Höhen und Tiefen ausloten.

Der Topos des «furor poeticus» findet sich in der Renaissance wie im Geniekult der Goethezeit wieder und erlebt ein erstaunliches Revival in der Moderne, prominent etwa bei Kafka und Rilke. Und noch in unseren Tagen erzählen viele Autorinnen und Autoren von der Erfahrung eines «Schreibrausches». Die Schilderung aussergewöhnlicher Entstehungsbedingungen gehört fast schon obligatorisch als Begleitnarrativ zum literarischen Text dazu.

Die Ausstellung verfolgt die verschiedenen Stadien im Schreibprozess: von der notorischen Blockade bis zu exzessiven Formen der Graphomanie. Die BesucherInnen sind eingeladen, in die faszinierende Welt dichterischer Inspiration einzutauchen und den Rausch der Kreativität in Schriftbildern, Schreibszenen und schriftstellerischen Selbstaussagen zu erkunden. Mit Exponaten von Peter Bichsel, Hermann Burger, Jean Cocteau, Friedrich Dürrenmatt, Marie von Ebner-Eschenbach, Jack Kerouac, Thomas Mann, Friederike Mayröcker, Mariella Mehr, Paul Nizon, Meret Oppenheim, Marcel Proust, Robert Walser, Adolf Wölfli u.v.m.

Damit es Kunst gibt, damit es irgend ein ästhetisches Thun und Schauen gibt, dazu ist eine physiologische Vorbedingung unumgänglich: der Rausch.

Friedrich Nietzsche

Zum einen ist die Ausstellung den diversen Schreibprozessen und -praktiken gewidmet: Wie bringt man sich zum Schreiben? Was tun, wenn es nicht läuft? Diese Frage treibt Schriftstellerinnen und Schriftsteller seit jeher um. Und sie bedienen sich dabei verschiedener Methoden, um in Schreibfluss zu gelangen, der sich dann bestenfalls bis zum Schreibrausch steigern kann. Neben substantiellen Enthemmern wie Alkohol, Opiaten und anderen Stimulanzien gibt es auch experimentelle Techniken, um ein gelöstes Schreiben zu befördern – so zum Beispiel die «écriture automatique» der Surrealisten oder das Cut-Up-Verfahren der Beat-Literaten. Nicht zuletzt zielen solche Experimente im Resultat auch darauf ab, durch die Texte selbst einen Rauschzustand zu erzeugen oder mindestens eine rauschhafte Wahrnehmung zu simulieren.

Zum anderen beleuchtet die Ausstellung dann spezifische Ausprägungen rauschhaften Schreibens: So schwierig der Anfang mitunter auch sein kann – umso grösser ist die Euphorie, wenn das Schreiben plötzlich wie von selbst läuft. Die Literaturgeschichte kennt zahlreiche Aussagen, die von solchen Momenten höchster Produktivität sprechen. Doch wie manifestiert sich der flüchtige Augenblick des Rausches? Blitznotizen, randvoll beschriebene Blätter, verdichtete Texte oder hektische Schriftzüge, ellenlange Papierrollen und mehrfach angeklebte Manuskriptstreifen zeugen noch heute sichtbar von der besonderen Intensität beim Schreiben. Nicht immer entsteht dabei Sinnvolles und Verständliches. Der Rausch ist nur die eine Seite, auf ihn folgen oft zähe Stunden der Überarbeitung.

Die Ausstellung geht den Spuren und Geschichten solch rauschhafter Schreibmomente nach und stellt schliesslich auch die Frage nach der Kehrseite des Rausches: seiner lähmenden Wirkung sowie seiner pathologischen Seite bei zwanghaftem Schreibverhalten.  ▬

Quelle: www.strauhof.ch